Forscher streichen erste Regionen für Standortsuche

Zwischenlager Gorleben: Experten warnen vor einem Scheitern der Suche nach einem Standort für ein Endlager.
Quelle: picture alliance/dpa
Peine. Die Suche nach einem Standort für ein Atommüll-Endlager geht voran – in kleinen Schritten: Erstmals hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) an diesem Montag die infrage kommenden Gebiete etwas reduziert. Galten bislang 54 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands als möglicherweise geeignet, sind es jetzt nur noch 44 Prozent. BGE-Geschäftsführerin Iris Graffunder kündigte an, von jetzt an jährlich über den Arbeitsstand zu berichten: „So ist für die Öffentlichkeit immer nachvollziehbar, welche Gebiete wir bereits auf ihre Sicherheit hin bewertet haben.“
Ungeeignete Flächen definiert
Für 13 über Deutschland verteilte sogenannte Teilgebiete hat die BGE jetzt ihre vorläufige Bewertung vorgelegt. Der allergrößte Teil dieser Flächen kommt demnach für ein Endlager aus wissenschaftlicher Sicht nicht infrage. Die Gebiete liegen vor allem im nördlichen Bayern, in Sachsen, Thüringen sowie im Süden Niedersachsens. Als größtenteils ungeeignet habe sich dabei zum Beispiel das sogenannte Saxothuringikum herausgestellt, eine gut 32.000 Quadratkilometer große Zone kristallinen Gesteins, die sich vom nördlichen Baden-Württemberg bis zum südlichen Brandenburg erstreckt. Im Thüringer Becken, einem 6000-Quadratkilometer-Gebiet auf der Fläche Hessens, Niedersachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens, gelten 70 Prozent der Fläche demnach als höchstens gering geeignet – der Rest der Fläche wird noch geprüft. Im Gebiet Solling-Becken, einem Gebiet von Salzgestein zwischen Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen, gelten jetzt 50 Prozent als ungeeignet, auch hier wird der Rest noch geprüft.
Kleinere Flächen haben sich demnach auch in Schleswig-Holstein sowie auf Rügen als ungeeignet herausgestellt. Als untauglich gelten Gebiete zum Beispiel, wenn die Gesteinsschicht darunter dünner ist als 100 Meter und sie somit den Müll nicht sicher einschließen kann.

Karte zu möglichen Endlagerstandorten für Atommüll.
Quelle: bge
Theoretisch sind all die Gebiete nach wie vor als mögliche Standorte für ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll noch im Rennen, betonte eine Sprecherin der BGE am Montag. Die Entscheidung treffe am Ende der Gesetzgeber. Praktisch werden die Zonen, die jetzt als ungeeignet bewertet wurden, nach dem Votum der Forschenden in der weiteren Diskussion keine Rolle mehr spielen.
Den allergrößten Teil der Arbeit haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BGE aber ohnehin noch vor sich: Bis Ende 2027 müssen sie alle Teilgebiete untersucht haben und eine Liste geeigneter Regionen erstellen. Diese sollen dann näher untersucht werden, in einem späteren Schritt auch unterirdisch.
Um den Zeitplan gab es erbitterte Diskussionen
Über den weiteren Zeitplan hatte es zuletzt erbitterte Diskussionen gegeben. In einer vor Kurzem bekannt gewordenen Studie hält das Freiburger Öko-Institut einen Abschluss für frühestens 2074 für realistisch. In der vergangenen Woche hat die Entsorgungskommission, ein Expertengremium beim Bundesumweltministerium, vor einem Scheitern des gesamten Prozesses gewarnt und Vorschläge für eine Beschleunigung vorgelegt. So solle die BGE ihre Suche zum Beispiel auf zwei der drei möglichen Gesteinsarten Ton, Salz und Kristallin beschränken, um den Aufwand zu verringern.
Die BGE dagegen hält auch einen deutlich früheren Abschluss der Suche nach wie vor für möglich – und sieht sich in der jetzt laufenden ersten groben Phase der Suche im Zeitplan. Die Fortschritte und die Bewertung einzelner Regionen können interessierte Bürger von jetzt an auch online verfolgen. Vergleiche mit Schweden und Finnland, wo demnächst das erste Endlager für hochradioaktiven Atommüll in Betrieb geht, gingen fehl, betont eine BGE-Sprecherin. Auch dort habe die Suche Jahrzehnte gedauert, zudem seien die geologischen Bedingungen in dem Land anders.