Liebe Leser*innen,
der 15. April 2023 war ein historisches Datum für die Energie-Erzeugung in Deutschland. Die friedliche Nutzung der Kernenergie wurde mit dem Abschalten der letzten drei Kernkraftwerke beendet. Unabhängig davon, wie jeder einzelne von Ihnen zu dieser Entscheidung steht – die radioaktiven Abfälle sind nun einmal verursacht und werden auch nicht einfach so verschwinden.
Natürlich wäre es ein Leichtes, das Atommüllproblem weiter aufzuschieben und auf vermeintlich bessere technische Lösungen zu hoffen, die das Gefährdungspotenzial des Mülls deutlich reduzieren könnten; verantwortungsbewusst wäre es gleichwohl nicht. Denn wir wissen bereits heute, wie Mensch und Umwelt vor den radioaktiven Hinterlassenschaften sicher und dauerhaft geschützt werden können: indem wir uns geologischer Barrieren bedienen und auf die Langsamkeit geologischer Veränderungen setzen.
Das ist auch der Grund, warum wir nicht dauerhaft an der Oberfläche bleiben können: soziale Veränderungsprozesse laufen in deutlich kürzeren Zeiträumen ab als geologische Prozesse. Das Prinzip der Endlagerung ist intuitiv nachvollziehbar: an Orten, an denen sich die Geologie über sehr lange Zeiträume nicht verändert hat und es keine externen Effekte gibt, die eine Veränderung innerhalb der kommenden Million Jahre vermuten lassen, können die hochradioaktiven Abfälle in großen Tiefen dauerhaft sicher gelagert werden.
Unsere finnischen, schwedischen und schweizer Nachbarn bauen ihre Endlager in geologischen Formationen, die teils seit mehr als 100 Millionen Jahren keine relevante Veränderung erfahren haben. Woher wir das wissen? Diese Gebiete wurden detailliert untersucht, zuerst von der Oberfläche aus mit Bohrungen und seismischen Untersuchungen, dann aber auch unter Tage.
So wie eine Baumscheibe uns heute sehr genau Auskünfte über das Alter eines Baumes und die klimatischen Bedingungen in den jeweiligen Lebensjahren gibt, so geben uns Bohrungen Aufschluss darüber, ob sich das Gestein in großen Tiefen im Laufe der Erdgeschichte relevant verändert hat und ob es großen Drücken oder Scherkräften ausgesetzt war. Dort, wo das nicht der Fall ist, dort, wo wir eine ruhige Geologie antreffen, die auch von klimatischen Veränderungen an der Oberfläche unbeeindruckt bleibt, und wo es dafür geeignete Gesteine (Tongestein, Granit oder Steinsalz) gibt, dort könnte ein sicheres Endlager für die Zukunft entstehen.
Ich schildere Ihnen all das, um zu verdeutlichen, mit welcher Akribie und welch großem Verantwortungsbewusstsein unsere Kolleg*innen der BGE den Untergrund der Bundesrepublik auf mögliche geeignete Formationen untersuchen. Das alles braucht Zeit, die einem oftmals sehr lange vorkommen kann. Im Vergleich zu den eine Million Jahren, für die das Endlager halten soll, ist es jedoch nicht mehr als ein Wimpernschlag und damit eine wichtige Investition für nachfolgende Generationen!
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